02 November 2008

Lea Bohnenblust

Ich würde schreiben, in meine Gedankenwelt abtauchen, mich intensiver mit der Gesellschaft auseinander setzen und schreiben, malen, gestalten. Natürlich schreibe ich auch jetzt, nur hindern mich oft meine Existenzbemühungen daran, daran zu bleiben, eben, mich wirklich weiterzuentwickeln, das ist ein riessiges thema für mich, da mir oft die möglichkeiten fehlen. Schreiben wurde dadurch ein Hobby für mich, es kostet nichts und ist mein Ausgleich zum zentralen Lebensthema; wie lebe ich, wie komme ich über die Runde und kann trotzdem noch etwas für mich tun. Und eigentlich lebe ich nur dafür, für mein Hobby, das ein Hobby ist, weil ich meinen Lebensunterhalt damit nicht prestieren kann. Vielleicht würde ich noch viel mehr gerne machen, wenn ich die Gelegenheit gehabt hätte, Dinge auszuprobieren. Es ist nicht nur sehr schwer für mich, genug Einkommen zu erwerben ohne wichtige Grundbedürnisse wie die eigene Gesundheit zu missachten, weil meine Arbeitsbedingungen oft eine sehr hohe Felxibilität erfordern, aber doch kein geregeltes Einkommen aufgrund unsicherer Pensen und tiefen Stundenlöhnen. Selbstbestimmtheit, eigene Ideen und Freude am Tun sind ein Luxus. In diese Situation geriet ich weil ich nie einen eidgenössischen Abschluss gemacht hatte, als Schulabgängernin nicht wusste, was ich genau lernen will, und der Markt an Lehrstellen zu der Zeit auch noch zu krieseln begann.
Typische Frauenjobs, für welche es keine Qualifikation braucht wie das Gastgewerbe beispielsweise, sind und waren seit jeher meine Realität, aus der ich auch schon auszubrechen versuchte, der Bildungsweg es mir aber nicht gerade einfach macht als dreissig jährige Frau, welche keine anerkannte Grundausbildung hat. Der Berufsberater der Stadt Zürich riet mir, meine Vater um die Finanzierung zu bitten. Da ich aber trotz intensiver Suche keine Lehrstelle fand, da alle fanden, ich sei zu alt, erledigte sich das Thema für mich. Heute will ich keine Lehre mehr machen. Es wäre ein Zweck gewesen, Coiffeuse zu lernen, um als Maskenbildnerin mehr Chancen zu haben.
Aus diesem Teufelskreis zu entkommen finde ich nicht ganz einfach, so sind jedenfalls meine Erfahrungen. Jobs die ich finde, bieten auch nie eine Möglichkeit zu berufsbegletenden Ausbildungen, aufgrund der hohen Flexibilität und unsicheren Arbeitszeiten. In Deutschland absolvierte ich eine Maskenbildnerschule im Jahre 2002, zurück in der Schweiz war ich dann nach der Ausbildung direkt zur Sozialhilfeempfängerin geworden, da mich die Arbeitslosenkasse verneinte. Das war in meinem Heimat Kanton Solothurn. Mit Mühe, ich meldete mich beim Sozialamt ab, zog mit Hilfe eines Freundes nach Zürich vor drei Jahren, da ich hier hoffte, Arbeit zu finden um einerseits zu "Überleben", andereseits freischaffend als Maskenbildnerin etwas aufzubauen. Seit ich bei meinen Eltern ausgezogen bin mit 18j. lebte und lebe ich im Durschnitt unter dem Niveau eines Sozialhilfeempfängers, diese bezog ich knapp ein Jahr. Ich bevorzugte immer die Freiheit; lieber mit weniger Geld, als in der Abhängigkeit vom Staat, welche alles andere als förderlich ist um wirklich das zu tun, woran man Freude hat. Oft scheiterte ich am fehlenden Geld, als Maskenbildnerin, ohne Führerausweis, viele Jobs bleiben mir verschlossen aufgrund meines Werdeganges, fehlenden Fähigkeiten, ich wollte Sprachen lernen, konnte mir die Kurse nicht leisten, und so weiter und so fort. Heute ist für mich klar, ich will schreiben und visuell Gestalten - und wünsche mir oft, Erfahrung in dieser Richtung zu sammeln. Beispielsweise im Journalismus. Auch würde ich mir den profesionellen Umgang mit Farbe auf der Leinwand beibringen. Ich würde regelmässig Tanzstunden nehmen wie zu Kinderzeiten, einfach weil es mir gut tun würde, ich meiner Kreativität Ausdruck verleihen könnte. Aber prinzipiell würde ich den Traum verwirklichen, ein Buch zu schreiben. Heute schreibe ich meine erste Kurzgeschichte, doch ich komme kaum voran, weil mich der Existenzstress blockiert. So gesehen fehlt mir die Garantie für eine Konstanz in meinem Leben, welche es mir ermöglichen würde, mich auf eine Sache zu konzentrieren, und ich mich darin nachhaltig weiter entwickeln könnte.


Lea Bohnenblust (*1979), eigentlich Nichts

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