04 April 2007

Michael Halbig

Eigentlich bin ich ja auch ein Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommen. Aber die Antworten der andere Schreiber hier erschrecken mich doch sehr: Jeder denkt nur noch ans eigene Vergnügen, weniger Stress, Selbstverwirklichung, Urlaub, ...

Wie soll denn das funktionieren? Wer würde denn dann noch 35 oder gar 40 oder mehr Stunden arbeiten? Wie kann man denn so naiv sein und glauben, dass man mit weniger Arbeit, mit weniger "Stress", mit Urlaub und Selbstverwirklichung den Wohlstand erhalten, geschweige denn steigern kann??

Ein Grundeinkommen kann wohl nur dann funktionieren, wenn es so niedrig ist, dass es wirklich nur die elementaren Grundvedürfnisse abdeckt (Höhe etwa heutige Sozialhilfe) und daher noch genügen Anreize setzt, dass die Leute wirklich noch zu Arbeit gehen müssen. (Die Kommentare der anderen Schreiber zeigen leider nur zu klar, dass es entgegen anderen Meinungen diese Anreize wirklich benötigt!)

Die positiven Effekte solch eines Grundeinkommen sind nach meiner Ansicht der Wegfall von beträchtlicher Bürokratie:

Es würde dann keine Tausende von Beamten brauchen, die Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe, Rente, etc. verwalten. Diese Verwaltung schafft sowieso keinen Wohlstand, aber statt dessen könnten sich die frei werdenden Arbeitkräfte sinnvoller Arbeit zuwenden.

Es würde die ganze Diskussion um Niedriglöhne vereinfachen, denn wenn man bereits ein Grundeinkommen hat, dann braucht man auch nicht mehr so hohe Löhne. Mit dem Nebeneffekt, dass unsere Unternehmen vielleicht auch wieder billiger produzieren könnten. (Man müsste dann natürlich auch schauen, woher das Geld für das Grundeinkommen auch wirklich kommt, denn irgendwie muss man es ja auch gegenfinanzieren)

Auch für Sozialhilfeempfänger würden wieder Anreize geschaffen zurück ins Arbeitsleben zu wechseln, denn jede Stunde mehr Arbeit bringt auch wieder Geld und man hat nicht am Ende des Monates in etwa genausoviel Geld, als ob man gar nicht arbeiten würde und auf die Sozialhilfe vertraue.

Auch die Rente mit 67 wäre kein Thema mehr - jeder geht, wann er mag. Gibt dann halt auch nur Rente in Höhe des Grundeinkommens. Will man mehr, so müsste man eben privat vorsorgen.

Jeder der ein neues System einführen möchte sollte sich im klaren sein, dass es danach nur allen besser geht, wenn sie mindestens genauso produktiv sind wie vorher - am besten eben noch produktiver, denn verteilt werden kann nur, was auch erarbeitet wurde.

Ob man so ein Grundeinkommen auch wirklich verwirklichen kann bezweifel ich leider. Es gibt zu viele dogmatische und beschränkt denkfähige Demagogen, die dann schon wieder den Neid streuen indem sie erzählen wie ungerecht es dann doch wäre, wenn auch der Vermögende oder Besserverdienende dieses Grundeinkommen bekäme. Das Grundeinkommen muss aber irgendwoher finanziert werden und das geht wohl sozialgerecht nur über diejenigen, die eben Besserverdienen oder Vermögen besitzen. Ob ich den Vermögenden/Besserverdienenden nun kein Grundeinkommen gebe und dafür aber weniger Steuern abknüpfe oder ihnen auch das selbe Grundeinkommen gebe, dafür die Steuern dementsprechend anpasse wäre ein Nullsummenspiel - ausser dass der erste Fall komplizierter wäre und man wieder unnötige Bürokratie implementieren müsste.


Michael Halbig (*1969), Schweiz

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Moin, Moin.

Ich stimme Ihnen voll und ganz zu, das Grundeinkommen sollte in der Höhe der heutigen Sozialhilfe gleichkommen. Allerdings stimme ich Ihnen nicht zu in dem, wie Sie die anderen Kommentare hier charakterisieren. Der Grundtonus der meisten Menschen liegt doch darauf, dass sie im Falle eines Grundeinkommens keinen Druck mehr verspürten, ihre Existenz zu sichern. Ich finde es nicht fair, ihnen zu unterstellen, es ginge ihnen (ich zitiere:) "/.../nur noch (ums)eigene Vergnügen, weniger Stress, Selbstverwirklichung, Urlaub.../.../"

Was die Finanzierung des Grundeinkommens angeht:

rechnet man all das Geld zusammen, das heutzutage benötigt wird, um die große Zahl der Erwerbslosen und Sozialhilfeempfänger, mit sammt des des dahinterstehenden bürokratischen Verwaltungs- und Kontrollapperates zu unterhalten, käme so viel Geld zusammen, dass man jedem Bundesbürger ein angemessenes Grundgehalt auszahlen könnte. (Podiumsdiskussion über das bedingungslose Grundeinkommen Kongresshallen, Hamburg Dammtor, 2006)

Mit freundlichem Gruß, Jenny Biermann Gnegel, Deuschland

Anonym hat gesagt…

Naja,

also von der Diskussion um die Umverteilung haben Sie anscheinend nicht viel kapiert.
Im Moment ersticken wir in gesellschaftlich generierten Bedürfnissen und der Überproduktion.
Noch mehr zu produzieren macht wohl wenig Sinn.
Die gängigen Probleme wie Unterbezahlung und ungerechte Verteilung sind ja nichts Neues. Spitzen sich aber immer weiter zu.

Wenn ich mir Ihren Text so durchlese, muss ich auch zu dem Schluß kommen, dass das Grundeinkommen für Sie nichts wäre. Sie wollen ja anscheinend Ihren Lebensstandard immer weiter vorantreiben.

Ich bin da eher der genügsame Mensch. Zeit ist mein recijtum. Und für das was ich zu meinem Leben bracuhe, arbeite ich jetzt schon nicht mehr als zwanzig Stunden die Woche.
Wissen Sie was, ich schenke Ihnen einfach meine 18 überschüssigen Stunden. Da können Sie dann schon mal für den Stern auf Ihrer Kühlerhaube sparen.
Eine Flasche Politur bekommen Sie von mir dann gratis.

MfG
Boris Zitta